Rajasthan – ein Land der krassen Gegensätze
Bombastisch luxuriöse Paläste der ehemaligen Maharajas, pittoreske Dünenlandschaften, legendenschwere Burgen und Wehranlagen, Schlangenbeschwörer, Gaukler und glitzernde Saris – durchaus verleitet Rajasthan, das zweitgrößte Bundesland im Nordwesten Indiens, auf den ersten Bick zu Fantasien aus Tausendundeinernacht. Aber hier ist das Leben alles andere als märchenhaft. Die Realität ist ernüchternd bis erschreckend. Bitterarme Menschen, notdürftige Behausungen, unfassbarer Dreck auf Wegen, in Gassen, in Gräben. Viele Familien leben auf offener Straße mit nichts weiter als dem weiten Himmel über dem Kopf. Die extremen Alltagsbedingungen dieses Landes sind schwer in Worte zu fassen. Faszination und Entsetzen liegen eng beisammen. Und doch: Die Ortschaften sind voller fröhlicher, neugieriger und aufgeschlossener Menschen. Leuchtende Augen, strahlende Gesichter, staunende Kinder und gastfreundliche Frauen, erst recht, wenn sie ein paar Münzen einstecken dürfen. Die Reise durch dieses Land ist eine Fahrt mit der Achterbahn – sowohl was die Eindrücke angeht als auch emotional. Traditionelle Lebensformen, rückständige Strukturen, karge und trockene Weite, extreme Umweltverschmutzung, Smog. Und viele, viele Menschen. Wer ein Handwerk betreibt, scheint gerettet. Und wer ein Kamel hat samt Karren, hat gut lachen! Alt-Dilli, Ajmer, Pushkar, Nokha, Thar-Wüste, Jodhpur, Jaipur, Sawai Madhopur, Bharatpur – das war die zweiwöchige Route. Am Ende noch Agra, das Tadj Mahal, mir unbegreiflich und sogar abstoßend; dieser extreme Prunkgipfel war zuviel angesichts der herrschenden Lebenswirklichkeit. Mein Fazit: nichts bewerten, nichts beurteilen. Das Leben in Indien ist anders, es ist, wie es ist. Nur beobachten, fotografieren – und beschreiben.