Leben am Hang
Madeira – nun zum Dritten. Diese Insel mitten im Atlantik zieht magisch an. Es könnte an diesen außergewöhnlichen geologischen Felsformationen liegen. Jedenfalls sind es weder malerische Sandstrände, bemerkenswerte Prachtbauten noch besondere Museen, die hierherlocken könnten, denn die gibt es nicht, hier gibt es nur Natur. Viele schöne Blumen gibt es auch anderswo – die sind ebenfalls nicht der Grund. Diese Balsaltdurchschüsse durch lockeres Tuffgestein, diese sichtbare Gewalt und Größe der Natur – vielleicht ist es das. Stundenlang kann ich diese Formationen betrachten. Die steil aus dem Wasser aufragenden Felswände sehen aus wie aufgeschnittenes rohes Fleisch. Diese Farben! Nichts ist am Regler gedreht. Das ist alles echt. Die vielen Langzeitbelichtungen gaben mir ausreichend Ruhe und Gelegenheit, mich in den Verlauf der dunklen Adern durch das rote Gestein zu vertiefen, mal horizontal, mal senkrecht. Diese Basaltschlote sind wirklich ein Hingucker, besonders im Osten der Insel. Felsnadeln rot und schwarz, keine Fakes. Waren die vorherigen beiden Aufenthalte vor allem ausgiebigen Wanderungen durch die Berge und über die Picos der Insel gewidmet, lag nun der Fokus im wahren Wortsinn auf den faszinierenden Küstenformationen. Wer sich für freundliches, gemäßigtes Wetter, Tunnels ohne Ende, ungezählte Kreisverkehre, wirklich steile Straßen und Wege, hohe und gnadenlos abfallende Klippen, freundliche Polizisten, entspannte Madereinser und viele, viele Eidechsen begeistern kann, ist an diesem schönen Flecken der Welt richtig. Intensive Wandertouren sind inklusive. Hinzu kommt das hervorragende Essen mit köstlichen Meeresfrüchten – und natürlich der Wein. Der portugiesiche Rotwein ist sowieso ein Knaller für Freunde des guten roten Tropfens, und erst recht ist der echte Madeira, der hier vor der Nase beziehungsweise vor meiner Linse wächst, unwiderstehlich. Madeira ist ein vulkanischer Hotspot, es gibt ausführliche Literatur über die Entstehung. Und es ist wirklich ein Hotspot fürs Auge!