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Ziemlich gewagt, rundum gelungen

Dezember 11, 2024

Organische Strukturen kommen offenbar in Sevilla gut an! Die sehr alte Stadt in Süd-Spanien mit Wurzeln aus der Antike und einem umfangreichen historischen Gebäudebestand aus vielen Epochen hat sich nicht nur die schwungvolle Puente del Alamillo geleistet, mit der Santiago Calatrava zur Expo 1992 den Guadalquivir überspannt hat. Auch die Las Setas auf dem zentralen Marktplatz in der Altstadt sind als natürliche Strukturen ein Publikumsmagnet.

Hier am Plaza de la Encarnación stand früher eine Markthalle, erbaut 1842. 1948 wurde ein Teil davon abgerissen, der Rest dann Anfang der Siebziger. Ergebnis war eine brache, öde Fläche, passend zu jener Zeit belegt mit einem riesigen Parkplatz. Pläne für eine Neugestaltung in den 1980er Jahren sahen ein Bürogebäude mit Garagen vor. Doch bei den beginnenden Bauarbeiten gab es eine Überraschung: bewahrenswerte historische Ruinen. So folgte ein Baustopp – und eine Reflektion setzte ein: Ist ein Bürogebäude wirklich die beste Idee für diesen Platz? Zweifel kamen auf. So kam es erneut zu Überlegungen. 2004 riefen die Sevillanos einen internationalen Wettbewerb zur Neugestaltung des zentralen Platzes aus. Der spektakuläre Entwurf des deutschen Architekten und Künstlers Jürgen Mayer H. überzeugte: Eine gewaltige Konstruktion aus Holz entstand und wurde 2011 als die „Setas de la Encarnación“ der staunenden Öffentlichkeit übergeben.

Die Pilze von Sevilla sind zum größten Holzbauwerk der Welt gefügt, getragen von sechs Pfeilern, die sich wie parasolähnliche Schirme nach oben öffnen. Gut 4.000 spezifisch ausgelegte Metallplatten verbinden die einzelnen Module aus Furnierschichtholz zu einem riesigen Bastelwerk. 16 Millionen Stahlschrauben sind verbaut. Beton ist nur in den sechs Schirmständern enthalten. Ein Polyurethanüberzug schützt die Holzmodule vor der Witterung. Die eindrucksvolle Konstruktion ist begehbar und bautechnisch unmittelbar erlebbar. Der einst öde Platz ist zum Zentrum, Hingucker, Treffpunkt und Aussichtspunkt mutiert. Ein riesiger hölzerner Magnet in Sevillas Altstadt mit Bars, Restaurants, Museum, Läden, Markthalle und einer Plattform im willkommenen Schatten der Pilzdächer. Diese Arbeit von Jürgen Mayer H. war gewagt und von kontroversen Ansichten begleitet. Doch der organisch nachempfundene Metropol Parasol ist zweifellos die passende Lösung für Sevillas neue Mitte.