Tadmor – beispielhafter Überlebenswille
Unvergessen während meiner Reise durch Syrien im September 2023 bleibt der Besuch der ehemaligen Wüstenmetropole Palmyra, einer antiken Oasenstadt. Sie ist uralt, stammt aus der Jungsteinzeit, wird im Alten Testament genannt und liegt an einer zu früherer Zeit wichtigen Karawanenstraße. Sie war ein bedeutendes Handelszentrum des Orients, deshalb war Palmyra reich, eine überaus wohlhabende Tempelstadt mit monumentalen Bauwerken. Zwei Quellen sprudelten in dieser Oase mitten im Nichts der erbarmungslos heißen und trockenen syrischen Wüste. Die moderne Stadt Tadmor, wie Palmyra in der Gegenwart heißt, hatte vor dem syrischen Bürgerkrieg mehr als 50.000 Einwohner mit mehreren Hotels und Restaurants und florierte als Zentrum für Gäste, die die eindrucksvollen antiken Stätten besuchten. 2015 hat die dschihadistische Miliz Daish Palmyra eingenommen, viele Menschen ermordet, die Stadt zerstört und die historischen Monumente gesprengt. Alles liegt am Boden. Kulturzerstörung par excellence. Tadmor hat heute nichts mehr – kein fließend Wasser, keinen Strom, allerorts zerstörte Straßen und Häuser. Und dennoch: Fröhliche Kinder spielen Ball in den Gassen, raufen miteinander und fahren Rad, jubeln den Besuchern zu, wollen ein Foto. Obwohl die Fassaden fehlen und die Dächer abgedeckt sind, hat ein tapferer Mann seinen Laden geöffnet. Hier gibt es Fladenbrot, Süßigkeiten, Konserven, Olivenöl und Zigaretten. Und ein anderer Held dieser unwirklichen Szenerie putzt seelenruhig sein Moped. Mir blutete das Herz beim Anblick dieser geschundenen Stadt. Die Menschen hier haben alles gesehen und noch mehr. Und trotzdem leben sie weiter, sie lachen und lieben und winken. Und sie sind hiergeblieben, in ihrer Heimat, ihrer Kultur, ihrer Wüste, ihrem Haus. Auch wenn es nur noch ein Rest ist. Sie sind nicht gegangen, weil es anderswo einfacher ist. Tadmor – hierher möchte ich noch einmal zurück, obwohl es ein langer Weg ist bis dorthin. Hier könnte ich noch viel erfahren, vor allem vom Überlebenswillen, vielleicht auch etwas geben. Unvergessen auch: Das köstliche Essen der Beduinenfamilie in ihrem Zelt am Rand der Ruinenstadt – überreichlich und schmackhaft, ein erholsamer Platz im Schatten, und sogar Wasser aus einer improvisierten Leitung. So geht Überleben. Chapeau!